Studio Oskud

Wie der flinke Olaf Kindern mit Diabetes hilft.
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Eine Lernspiel-App für kleine Patient:innen mit Typ-1-Diabetes

Auftraggeber:in
Unternehmen aus der Medizinbranche
Projektbetreuung
Prof. Dr. Zimmermann, Andreas Liedtke
Leistungen
Spielkonzept
UX/UI-Design
Character Design
Illustration
Partner:innen
Shelly Alon, Programmierung

Apps wissen, wann wir unsere nächste Periode haben und wie hoch unser Puls schlägt. Sie erinnern uns, dass es Zeit für das nächste Workout ist und morgen der Termin beim Orthopäden ansteht. Der digitale Wandel verändert das Gesundheitswesen. Die Gesundheitsfürsorge durch mobile Geräte wie Smartphones und Tablets – gegenwärtig benannt als „Mobile Health”  – hat das Potenzial, die gesundheitliche Versorgung individueller zu gestalten. Patient:innen werden ermächtigt, selbstständig ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu managen. „Serious Games” bedienen in diesem Szenario eine eigene Sparte. Die Idee: Digitale Spiele vermitteln medizinisches Wissen auf spielerische Art und tragen zur Ermächtigung der Patient:innen bei – insbesondere der ganz Kleinen.

Leistung
Mit OLAF haben wir eine Lernspiel-App konzipiert und designt, die Kinder mit Typ-1-Diabetes beim Schätzen von Kohlenhydraten unterstützt und sie im Behandlungsverlauf motiviert. Typ-1-Diabetes ist eine Stoffwechselkrankheit, bei der das körpereigene Immunsystem die Betazellen der Bauchspeicheldrüse zerstört und die Neubildung von Insulin verhindert. Die Nährstoffe werden nicht mehr richtig verwertet. Für die kleinen Patient:innen bedeutet das: künstliche Insulinpräparate müssen dem Körper zugeführt werden. Dabei hängt die Menge des Insulins davon ab, wie die Zusammensetzung der Mahlzeiten ist. Die Behandlung ist ein Eingriff in den Alltag, der die Eltern und ihre Kinder vor eine große Herausforderung stellt. OLAF hilft. Mit den Mitteln der Gamification werden in der Lernspiel-App spezifische Inhalte der Krankheit durch den flinken Insulinjungen Olaf vermittelt. Die Lernspiel-App OLAF schafft eine positive Assoziation zur Krankheit und erleichtert die Behandlung für die kleinsten Patient:innen in unserem Gesundheitssystem.

User Research
Befragung von betroffenen Nutzer:innengruppen zur Betreuung, Ernährung und digitalen Technik rund um Typ-1-Diabetes. Formulierung der Hypothesen auf Basis des Erkenntnisgewinns und Erstellung eines Anforderungskatalogs für die Lernspiel-App. Definition der Zielgruppe von Kindern im Alter zwischen 6 und 12 Jahren, die die Diagnose jüngst erhalten haben. [Anteil der Smartphone-Nutzer:innen in der definierten Altersspanne zwischen 25% und 57%]. Analyse des Nutzer:innenverhaltens und ihrer Lebensrealitäten, um die Lernspiel-App bestmöglich am finalen Nutzen auszurichten.

Spielkonzept, medizinischer Hintergrund
Der medizinische Ausgangspunkt des Spiels ist die Bauchspeicheldrüse. Sie wird durch die Langerhans-Inseln dargestellt. Die Inseln registrieren die Höhe des Blutzuckers und produzieren Insulin, welches sie dann ins Blut ausschütten. Beim Typ-1-Diabetes werden diese Zellen von den Abwehrzellen des körpereigenen Immunsystems zerstört. Der Verlust dieser Zellen führt zum Insulinmangel, sodass dem Zellorganismus nicht mehr genügend Energie zugeführt werden kann. Daher muss synthetisches Insulin von außen gespritzt werden.

Illustration „Herr Finn”: Kira Kila

Spielgeschichte
Die Langerhans-Inseln werden vom grausamen Torger und seiner Bande, den Abwehrzellen, angegriffen. Die Zellprinzessin Aurelie und ihr Volk fallen daraufhin in einen tiefen Schlaf. Der Held des Spiels, der flinke Insulinjunge Olaf, muss zur Hilfe eilen und erfolgreich Missionen erfüllen. Sein Ziel: Die Zellprinzessin zurück aus ihrem Schlaf holen. Der schusselige Herr Fin aus der Schaltzentrale des Gehirns, hilft Olaf im Spiel und erklärt ihm die zu bestehenden Aufgaben.

Alternativ illustrierte Spielwelt

Didaktik
Insulin wird in dem Spielkonzept als freundlicher und flinker Insulinjunge Olaf personifiziert und positiv belegt. Er soll dem Kind die Angst vor Einschränkungen nehmen, will Freund sein und Missionen mithilfe des spielenden Kindes erfüllen. Beim Spiel werden Inhalte der Krankheit und den damit verbundenen Folgen innerhalb des Körpers kindgerecht thematisiert und in Levels behandelt. Vermieden wird ein belehrender Charakter. Stattdessen werden Vorgänge des Körpers spielerisch eingebaut. Bei Kindern mit Typ-1-Diabetes, die zeitlebens mit der Aufgabe konfrontiert sind, ihr Leben im Wechselspiel mit der Krankheit zu organisieren, erweist sich ein spielerischer Ansatz zum Verinnerlichen als positiv. Die Wahl eines „Jump & Run”-Spiels in einer dem menschlichen Körper nachempfundenen Spielwelt, bietet die Flexibilität, einzelne voneinander unabhängige Aspekte der Krankheit zu thematisieren.

Illustration
Entwicklung und Testung verschiedener Stilrichtungen und Techniken anhand der Spielwelt des ersten Levels: Die Illustrationen der Spielwelt sind in 2D gefertigt, dezente Schattierungen täuschen eine dreidimensionale Optik an. Die Welt ist dem menschlichen Körper abstrakt nachempfunden. Sie greift mikroskopische Eigenschaften auf und interpretiert sie neu.

Die Elemente zeigen eine heitere, frische Farbgebung mit einer aktivierenden, stimmigen Farbpalette. Jedes Level im Spiel hat eine eigene, stimmige Farbgebung, sodass sich die Welt von Olaf auch visuell abwechslungsreich erleben lässt. Verständnis und Inspiration für die geschaffene Welt und Figuren, lieferten die Illustrationen des Künstlers Fritz Kahn für die aus den 80ern stammende französische Zeichentrickserie „Es war einmal … das Leben”.

Prototyp
Erstellung eines Prototypen auf Basis des Spielkonzepts „Jump & Run“. Programmierung des Prototypen mit der Spiel-Engine “Unity”. Entwurf der Grafiken für die Spielwelt, sowie weitere räumliche Elemente. Beschreibung der Stil und Farbgebung für die Spielcharaktere, um die „Graphical User Interface”-Elemente (GUI) zu definieren. Übertragung der Ergebnisse auf digitale Entwürfe, um die vorgefertigten Grafiken und Bedienelemente auf der Arbeitsfläche zu platzieren und anzupassen. 

Bildquelle: zhenzhong liu/unsplash.com

User Interface Design
Das entworfene Interface legt den Fokus neben der intuitiven Bedienung auf eine motivierende User Experience. Patient:innen sollen durch regelmäßiges Training eine ausreichende Sicherheit bei der Einschätzung ihrer Mahlzeiten entwickeln. Auf Basis einer sensiblen und persönlichen Tonalität, wird eine psychosoziale Unterstützungskomponente geschaffen. Mit Mitteln der Gamification wird langfristig die Motivation für die teils monotonen Aufgaben der Behandlung gesteigert.

Dazugelernt

LetMeTalk: Der erste rührende  „Wow”-Moment zu Beginn des Projekts und der Recherche: die App „LetMeTalk”. Sie erleichtert Menschen mit Autismus die Kommunikation. Initiiert wurde sie von einer Mutter, nachdem ihr an Autismus erkrankter Junge Probleme hatte, sich über seine Schmerzen richtig auszudrücken. Nutzer:innen der App können aus einem Verzeichnis von 9.000 Bildern nach dem Baukastenprinzip Sätze zusammenstellen, um Alltagssituationen oder bestimmte Wörter zu beschreiben.

Das, was keiner sieht

Skizzen im Raum: Mit handgefertigten Skizzen wurden mögliche inhaltliche Abläufe des Spiels erprobt, indem Spielelemente beliebig getauscht werden konnten. Meterweise bedeckten sie die Wände in unserem Büro und ließen uns wortwörtlich in die Welt des Insulinjungen Olaf eintauchen. 

© Studio Oskud 2023